Das Interview

Frage: Sag mal, ich habe schon öfter davon gehört, dass es Leute gibt, die Straßenbahnen, Flugzeuge oder beispielsweise Schiffe fotografieren. Du fotografierst Fahrzeuge von Rundfunkanstalten – wie bist du dazu gekommen?
Matthias: Kann ich gar nicht so genau sagen. Zum einen war 1990 die Welle Nord des NDR bei uns in Tarp und hat dort eine Sendung produziert (mit einem großen Übertragungswagen, einem Gerätewagen sowie einem Infomobil kam sie damals in unser Dorf angerollt). Wie das so ist, zieht ein solches Ereigniss natürlich den gesamten Ort an. Schon da wurde mein Interesse geweckt: Kabel wurden gelegt, die Antenne des Ü-Wagen ausgefahren und Lautsprecher und Mikros aufgebaut – einfach interessant, mit was für einer Technik die Fahrzeuge ausgestattet sind. Zum anderen zog mich aber im gleichen Jahr auch die Kieler Woche an. Dort produzierte der NDR täglich die Sendung „Kieler Treff“. Hier waren natürlich ganz andere Fahrzeuge im Einsatz: extra aus Hamburg waren damals ein Schnittmobil, der große FÜ 1, sein „Bruder“ (Gerätewagen zum FÜ 1) sowie unter anderem ein Generatorwagen nach Kiel gekommen. Damit war das Fundament meines Hobbies gelegt. Ich habe, eigentlich nur aus Spaß, die Fahrzeuge fotografiert.

Frage: Das ist nun schon mehrere Jahre her. Bist du in der Zwischenzeit auf Gleichgesinnte gestoßen?
Matthias: Leider nicht. Natürlich gibt es mal den einen oder anderen, der sich auch für die von oben bis unten mit Technik vollgestopften Fahrzeuge interessiert (die Besatzungen der Ü-Wagen können sich manches Mal vor Fragen nicht retten). Das sich aber hobbymäßig andere Leute mit dem Thema Ü-Wagen beschäftigen, alle möglichen Fahrzeuge fotografieren und dann in Ordner einsortieren, habe ich bis heute noch erlebt. Auch die jeweiligen KFZ-Dispositionsleiter wundern sich darüber, dass es einen jungen Mann gibt, der aus dem hohen Norden Deutschlands kreuz und quer durch ganz Deutschland und Europa fährt, nur um die Fahrzeuge der jeweiligen Sender abzulichten.

Frage: Donnerwetter. Du fährst durch ganz Deutschland und Europa? Wo warst du denn schon überall?
Matthias: Bis zum heutigen Tag war ich in Österreich, Frankreich, Belgien, Spanien, Holland, Dänemark, Luxemburg, Schweden sowie Norwegen. In Deutschland war ich in jeder größeren Stadt, in der die großen öffentlich rechtlichen Sendeanstalten ihren Sitz haben. Also Berlin (SFB), Potsdam (ORB), Stuttgart (damals noch der SDR, heute SWR), Frankfurt (HR), Bremen (RB), München (BR), Saarbrücken (SR), Köln (WDR) und Hamburg (NDR). Nicht zu vergessen das ZDF in Mainz. Aber auch die Außenstudios der obigen Sender waren Anlaufziel für mich, so war ich bei den NDR-Landesfunkhäusern in Schwerin, Hannover und Kiel sowie bei Außenstudios in Rostock, etc), bei den MDR-Landesfunkhäusern in Magdeburg, Dresden und Erfurt, bei den WDR-Studios in Düsseldorf und Essen, und so weiter.

Frage: Wie planst du denn eine solche Fahrt?
Matthias: Im Regelfall schreibe ich etwa zwei Wochen vorher die jeweiligen Sender, mit der Bitte, dass ich deren Fahrzeuge fotografieren darf, an. Meist bekomme ich nette Antworten und die Erlaubnis dazu. Mit dem Schreiben in der Hand melde ich mich dann vor Ort beim Pförtner und dann klappt es. Dann öffnen mir viele Rundfunksender alle möglichen Türen und Garagen – und ich fotografiere und fotografiere. Bei den vielen Privatsendern komme ich meist ganz spontan vorbei – die meisten Fahrzeuge stehen sowieso vor dem jeweiligen Funkhaus. Von daher lohnt sich der Aufwand gar nicht, die Sender vorher alle anzuschreiben. Wenn ich da bin, dann fotografiere ich halt die Autos. Bei vielen Außenstudios gehe ich genauso vor. Ich sage den Pförtnern, dass ich extra aus Flensburg angereist bin, um die Fahrzeuge zu fotografieren und dann klappt es meistens. Ich will auch nicht „die Pferde wild machen“, schließlich ist es gerade bei kleineren Sendern eine Sache von wirklich wenigen Minuten. Problematisch wird es nur, wenn die Fahrzeuge auf einem umzeunten Priavtgelände untergebracht sind. Dann muss ich mich natürlich vorher anmelden.

Frage: Gibt es auch Sender, die dir den Zutritt verwehren?
Matthias: Auch das gibt es. Aber fairer Weise muss ich dazu sagen, dass es immer von der Person abhängt, die mein Schreiben in den Händen hält. Das ist doch wie mit den Polizisten. Der eine Polizist drückt ein Auge zu, der Andere kassiert schon beim ersten Mal ein Verwarnungsgeld. Und so ähnlich ist es auch mit den Sender. Während sich sehr nette Ansprechpartner sogar die Zeit für mich nehmen, wenn ich dann vor Ort bin, einige Fahrzeuge aus den Garagen zu fahren, haben es andere zuständige Mitarbeiter gar nicht nötig, mir überhaupt zu antworten.
An dieser Stelle möchte ich mich explizit für die gute Zusammenarbeit mit dem jeweiligen KFZ-Dispositionsleiter des ORB in Potsdam, des HR in Frankfurt, des ZDF in Mainz, des MDR in Leipzig sowie auch des SR in Saarbrücken bedanken. Natürlich bedanke ich mich auch bei allen anderen Mitarbeitern, die mir bei meinem Hobby geholfen und mich unterstützt haben. Auch bei den vielen Film- und Fernsehproduktionsgesellschaften möchte ich mich bedanken, die mich bei meinem Hobby tatkräftig unterstützt haben.
An dieser Stelle ein kurioses Beispiel: Mit der Bitte, alle möglichen Fahrzeuge fotografieren zu können, habe ich Anfang 2003 die Anbietergesellschaft TVN in Hannover angeschrieben. Zum Glück habe ich mein Anliegen an viele verschiedene E-Mail Adressen geschickt . . . Wenig später bekam ich ein Antwortschreiben eines zuständigen Mitarbeiters des Bereiches „Mobile Produktion“. In diesem Schreiben hieß es: „Für Sie leider, für uns zum Glück sind an diesem Tag (an dem ich vorbeikommen wollte) alle Fahrzeuge in ganz Europa im Einsatz . . . Es steht nicht ein einziges Fahrzeug bei uns auf dem Gelände“. Lange Rede, kurzer Sinn – ein anderer Mitarbeiter schrieb mich an, sagte, dass ich selbstverständlich vorbeikommen könnte. Das tat ich dann auch – und siehe da: ALLE, wirklich ALLE Ü-Wagen standen auf dem Gelände von TVN in der Wolenbergstraße. „Das wäre ein billiges Vergnügen, wenn ich es immer so einfach hätte, durch ganz Europa zu kommen“ war mein Kommentar.
Frage: Wie gehst du mit solch einer Situation um?
Matthias: Ach, ich nehm es leicht. Das gehört halt auch zu meinem Hobby. Wäre auch langweilig, wenn alles auf Anhieb klappen würde. Was rede ich mir manches Mal Fussel in den Mund, wenn ich den Wachleuten / Ordnern einer Veranstaltung erklären muss, dass ich im Backstage-Bereich die Ü-Wagen fotografieren möchte. Aber schade finde ich es trotzdem, wenn man mich anlügt, wie obiges Beispiel zeigt. Und vorallem habe ich dafür kein Verständnis, die sollten sich doch eigentlich freuen, wenn sich ein junger Mann für den Fuhrpark interessiert. Es ist doch zudem reine Werbung für die Sender oder Anbietergesellschaften.

Frage: Du sagtest gerade eben, dass du alle Fahrzeuge der Rundfunkanstalten fotografierst - also nicht nur die Ü-Wagen?
Matthias: Stimmt. Ü-Wagen sind nach meiner Definition nicht nur die „echten“ Übertragungswagen, sondern alle anderen für eine Live-Übertragung oder Aufzeichnung notwendigen Fahrzeuge. Dazu gehören die Rüst- oder Gerätewagen, Schnittmobile, Beschallungswagen, Tonwagen, MAZ-Wagen, Lichtwagen und so weiter. Aber ich fotografiere auch normale Kamerawagen oder Reportagefahrzeuge – Hauptsache das Logo des Senders ist auf den Fahrzeugen. Aber es ist doch auch plausibel – schließlich sind die anderen Fahrzeuge für eine Fernseh- oder Filmproduktion genauso wichtig. Was wäre eine Sportübertragung ohne Zeitlupenwagen. Was wäre ein Übertraungswagen ohne den dazugehörigen Gerätewagen. Was wäre . . . Außerdem gibt es Sendeanstalten, die ihre „normalen“ Fahrzeuge sogar auch mit der Ü-Wagen-Bezeichnung durchnummerieren. Also von daher . . .

Frage: Hast du einen bestimmten Lieblings-Ü-Wagen?
Matthias: Hmmm...schwierig, darauf eine Antwort zu finden. Mir gefallen viele Ü-Wagen (bzw. alle anderen Fahrzeuge). So gefällt mir vom Design her beispielsweise der große Fernseh-Ü-Wagen (Fü 4) des WDR mit dem „Lindenstraßen“-Logo drauf, die „Mobilen Produktionseinheiten“ des ZDF (von der MP 1, MP 2 bis hin zur MP3), aber auch viele Schnellreportagewagen. Besonders witzig und originell finde ich die kleinen Smarts. So hat unter anderem der WDR oder auch der SR schöne Ü-Wagen in Form von Smarts. Die finde ich echt cool. Aber auch der ORB hat ein besonderes Fahrzeug: ein Satelliten-Ü-Wagen in Form eines Mini. Echt originell. Nicht zu vergessen die Fahrzeuge des NDR, die bis 2000 unterwegs waren: sie hatten von vorn bis hinten bunte Antje-Aufkleber auf ihren Wagen verteilt (das Logo des NDR). Und dann gibt es da noch das „Logo-Mobil“ des ZDF (schönes Design). Und dann gibt es auch noch... (ich könnte die Seite locker bis unten füllen! Wie gesagt, es gibt nicht nur ein einziges Fahrzeug, das mir besonders gefällt, sondern es sind viele).

Frage: Kann es nicht sein, dass du zu einer Veranstaltung fährst (Messe, Tag der offenen Tür, Konzertübertragung, etc.) und dort auf Fahrzeuge stößt, die du schon in deiner Sammlung hast?
Vom Prinzip her ja, aber das ist sehr selten. Eigentlich mache ich die Erfahrung, das immer mindestens ein neues Fahrzeug dabei ist – und dann hat sich der Weg schon gelohnt. Klar, dass ich bei Veranstaltungen im norddeutschen Raum immer auf die großen Übertragungswagen des NDR stoße, die ich schon mehrfach abgelichtet habe. Aber dennoch sind immer viele Begleitwagen dabei, die ich noch nicht fotografiert habe, wie zum Beispiel Reportagewagen, Kamerfahrzeuge oder normale PKW. Zudem darf man ja nicht vergessen, dass im Durchschnitt alle zwei Jahre neue Fahrzeuge angeschafft werden, die dann auch unterwegs sind. Klar, dass ich hinter diesen Wagen hinterher bin, damit ich auch diese in meine Sammlung aufnehmen kann. Die Wahrscheinlichkeit ist also theoretisch natürlich da, aber praktisch so gut wie ausgeschlossen (naja, sagen wir mal wirklich selten). Es ist immer ein neues Fahrzeug dabei . . . Es sei denn, es ist ein einfacher Dreh mit einem einfachen Kamerawagen. Wenn ich dann das Pech habe, diesen Wagen schon in meiner Sammlung zu haben, ist es klar........*g*
Danke für das Interview!

.